Bild: Wilhei, Wikimedia Commons (CC-BY). http://bit.ly/1yJClTZ

Wissenschaftsverlage fordern zwischen 2.535 € und 7.500 €, um eine Dissertation zu veröffentlichen. Mit Self-Publishing und Open Access ist es deutlich günstiger; es gibt allerdings weniger Glamour. Bei der Veröffentlichung lohnt es sich, nicht beim Korrektorat zu sparen und die Arbeit gut zu vernetzen (Checkliste unten).

Ende 2012 wollte ich meine Dissertation veröffentlichen, für eine teure Publikation in einem Wissenschaftsverlag fehlten mir damals aber die Mittel. Nach einem Forschungsaufenthalt in Harvard, Russischkursen in Moskau und einer Trennung  war ich frisch in Berlin angekommen. Ich suchte gerade eine Wohnung, beruflich zeichneten sich bereits neue Wege jenseits der Wissenschaft ab: Ich arbeitete als freier Online-Redakteur und lernte die Berliner Startup-Welt kennen. Ich hatte zu einem aktuellen Thema der Gegenwartsliteratur promoviert, zu den Ergebnissen der Arbeit gab es in der Germanistik bereits positive Reaktionen. Umso wichtiger war es mir, dass die Ergebnisse schnell veröffentlicht wurden und von anderen Forschern genutzt werden konnten. Bisher hatte ich mich vorwiegend mit Inhalten beschäftigt, nun ging es um andere Fragen: Welcher Verlag würde meine Dissertation veröffentlichen und wie ließe sich das finanzieren?

Digital, gedruckt oder beides?

Durch meine guten Erfahrungen mit digitalen Texten wollte ich meine Dissertation nicht nur als gedrucktes Buch veröffentlichen, sondern auch im Internet. Bei den meisten Verlagen war dies auch Mitte 2013 noch nicht selbstverständlich: Während meiner Tätigkeit an der Uni hatte ich bereits mehrere Aufsätze in einschlägigen Wissenschaftsverlagen publiziert. Diese Texte waren im Netz praktisch unsichtbar. Selbst die Auffindbarkeit über die Google-Buchsuche wurde erst nach hartnäckigen Anfragen per Email und über die öffentliche Facebookseite des Verlages ermöglicht. Mit solchen Bedingungen konnte ich mich nicht anfreunden. Bei verschiedenen Auslandsaufenthalten hatte ich mir angewöhnt, mit digital verfügbaren Texten zu arbeiten. Mit Hilfe eines Einzugscanners hatte ich die komplette Sekundärliteratur zu Beginn der Schreibphase in handliche PDF-Dateien. Pro Aufsatz dauerte dies weniger als eine Minute. Durch die digitale Verfügbarkeit ergaben sich erweiterte Perspektiven auf das Material. So wurden mit der Software „DevonThinkPro“ neue Verknüpfungen sichtbar, über die semantische Suche fand sich zu jedem Stichwort stets der passende Aufsatz. Die Digitalisierung sämtlicher Materialien ermöglichte ein ortsunabhängiges Arbeiten ohne störendes Übergepäck aus Papier. Lediglich in Buchform eine Dissertation zu veröffentlichen, erschien mir unter diesen Umständen geradezu unfreundlich gegenüber anderen Forschern. Zum Glück gab es an meiner Universität den Open-Access-Dissertationsserver eDiss, auf dem man seine Arbeit ohne Kosten im Open Access veröffentlichen konnte. Mit einer Creative-Commons-Lizenz konnte die Arbeit von anderen Forschern weltweit geteilt werden. Gleichzeitig war mir bewusst, dass reine Internetpublikationen in den Geisteswissenschaften selten rezensiert wurden. Aus meiner Bibliothekszeit wusste ich zudem, dass Bücher häufig zuerst über das Bibliotheksregal wahrgenommen werden – die Entscheidung zur Anschaffung durch eine Bestandsabteilung wirkt wie ein Filter. Auf eine gedruckte Version wollte ich daher nicht verzichten.

Kosten und Aufwand

Während der Abschlussphase erkundigte ich mich zuerst bei Freunden und Kollegen, wo ich meine Dissertation veröffentlichen könnte. In meinem Graduiertenkolleg gab es eine eigene Schriftenreihe, die in einem bekannten Göttinger Verlag erschien. Bei dem Kostenvoranschlag des Verlages ergaben sich für mich Publikationskosten in Höhe von 7.377,41 €:

Verlagskalkulation für eine Dissertation in einem Wissenschaftsverlag (Namen und Marke geschwärzt)

Bei einer Veröffentlichung in dieser Reihe zahlte das Kolleg einen Zuschuss in Höhe von 2.500 €. Die restlichen 4.877,41 € müsste ich entweder mit Hilfe von Stipendien einwerben oder aus eigener Tasche bezahlen. Für dieses Geld wurde eine starke Marke geboten, ein bekannter Namen für den Lebenslauf. Damit erschien es zumindest wahrscheinlich, dass mein Buch in der Germanistik wahrgenommen würde und seinen Weg in die Regale fände. Ein Lektorat wäre nicht enthalten, allerdings stand der Verlag in dem Ruf, zumindest ein gutes Korrektorat zu bieten. Trotz der hohen Kosten erschien ein freier Zugang im Netz nicht möglich. Das Graduiertenkolleg erkundigte sich und ich erhielt die folgende Auskunft:

„Deine Publikation kann 3 Jahre nach Erscheinen in Open Access gestellt werden; der Verlag stellt dafür das PDF der Druckfassung zur Verfügung. Wenn der Buchverkauf dann gegen null tendiert, behält sich der Verlag das Recht zur Makulatur vor.“ (Email vom 11.09.2012)

Drei Jahre Wartezeit für das Recht, die Dissertation ins Internet zu stellen, die Ankündigung von Makulatur, Kosten in Höhe von 4877,41 € (inkl. 2.500 € für das Kolleg) – unter diesen Bedingungen erschien mir eine Publikation in der Schriftenreihe des Kollegs leider nicht tragbar. Nach den vielen Umzügen wünschte ich mir vor allem einen festen Job in Berlin. Allein für die Bewerbungen wäre eine zeitnahe Veröffentlichung sehr praktisch. Vor allem aber hatte ich mehrere Jahre in dieses Buch investiert und wünschte mir, dass die Ergebnisse etwas zu der Diskussion beitragen konnten. Ich fragte bei einem anderen Verlag an und erhielt einen zweiten Kostenvoranschlag:

Zweite Verlagskalkulation (Namen und Marke geschwärzt)

Verlagskalkulation 2 (Namen und Marke geschwärzt). Komplettes Angebot als PDF-Datei  (168 KB)

Die Druckkosten wurden in Höhe von 3.016,65 € (brutto) veranschlagt, bei einem Verkaufspreis von 44,90 €. Ob eine Bibliothek das Buch zu einem solchen Preis anschaffen würde? Eine Bereitstellung im Open Access sollte hier zusätzlich 5.000€ kosten, insgesamt wären Kosten in Höhe von 7.535 € angefallen:

5.000 € für eine Bereitstellung als Open Access - das müssen teure Server sein
</a> „Pauschale“ von 5.000 € für eine Bereitstellung im Open Access

„Das zieht sich gegenseitig hoch“: Druckkostenzuschuss, Verlagsname und Stipendien

Nach diesen Kostenvoranschlägen wurde ich unsicher, ob ich noch in diesem Jahr meine Dissertation veröffentlichen könnte. Die Druckkosten lagen in Höhe von 2.535 € – 7.500 €. Open Access zeitgleich zur Veröffentlichung wurde in einem Fall überhaupt nicht unterstützt, bei dem günstigeren Verlag wäre die Bereitstellung im Internet mit Zusatzkosten verbunden.  Das Problem: Als Berufsanfänger erschienen mir diese Summen utopisch; den Druckkostenzuschuss über Stipendien einzuwerben, erschien mir zu unsicher und zu zeitaufwändig. Ein weiteres Jahr wollte ich mit der Veröffentlichung nicht warten. Wäre mein Ziel noch immer eine Karriere als Wissenschaftler gewesen, hätte ich ernsthaft darüber nachgedacht, den Betrag für die Reihe des Graduiertenkollegs irgendwie aufzutreiben. Solange Verlagsnamen für Berufungen noch eine Rolle spielen, gehen Nachwuchswissenschaftler auf Nummer sicher. Für Besetzungsverfahren von Professuren spielt es in den Geisteswissenschaften noch immer eine Rolle, unter welcher Marke man veröffentlicht hat, ebenso bei Stipendien. Bei meinem Harvard-Aufenthalt gab es eine ähnliche Dynamik. Bekannte gaben mir damals den guten Rat, „das zieht sich gegenseitig hoch“. So kam es dann auch: Sobald eine Zusage von einer prestigeträchtigen Universität vorlag, ging es mit der Bewilligung für Reisestipendien wie von selbst. Dieses Prinzip ist als Matthäus-Effekt bekannt, demnach werden Erfolge mehr durch frühere Errungenschaften als durch gegenwärtige Leistungen beeinflusst. Wenn Leistungen erst durch das richtige Etikett beglaubigt werden, kann sich die Investition in eine Verlagsmarke durchaus lohnen. Doch möchte man sich für diese Annahme wirklich verschulden?

Exkurs: Wissenschaft als teurer Club

Ich werde den Verdacht nicht los, dass sich die hohen Preise bei wissenschaftlichen Publikationen auch mit der Kaufkraft von Akademikerfamilien erklären (wen das nicht so interessiert, kann hier weiterlesen). Akademischer Erfolg hängt in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab. Laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks von 2012 zeigt sich dieser Zusammenhang bereits im Erststudium:

quelle: 20. Sozialerhebung des deutschen Studentenwerkes
</a> Quelle: 20. Sozialerhebung des deutschen Studentenwerkes, S. 77 (PDF-Datei)

Diese Entwicklung hat sich im letzten Jahrzehnt verstärkt. Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland nur wenige feste Stellen im sogenannten Mittelbau jenseits der Professur:

Quelle: Robert Kreckel, "Zur Kooperation verpflichtet", in: Forschung und Lehre, Heft 5 (2009), Seite 33. Zit. nach: Michael Blume: Das Templiner Manifest für den akademischen Mittelbau. Scilogs.de vom 9.3.2011
Quelle: Robert Kreckel, „Zur Kooperation verpflichtet“, in: Forschung und Lehre, Heft 5 (2009), Seite 33. Zit. nach: Michael Blume: Das Templiner Manifest für den akademischen Mittelbau. Scilogs.de vom 9.3.2011 (Link

In den Geisteswissenschaften wird seit langem beklagt, dass der akademische Mittelbau seit Jahren austrocknet. Einer wachsenden Zahl von Doktoranden stehen immer weniger feste Stellen gegenüber. Im “akademischen Niedriglohnsektor” (FAZ) hält sich mit befristeten Projektstellen über Wasser, bis die Befristungsregelung eine weitere Anstellung verhindert. Unter diesen Bedingungen wird jede Möglichkeit interessant, mit bekannten Marken in der Publikationsliste zu glänzen. Die großen Förderwerke sind immer weniger bereit, die hohen Druckkostenzuschüsse der Verlage zu zahlen. So mahnt z.B. die FAZIT-Stiftung, man zahle grundsätzlich nicht für “Luxusausgaben teurer Verlage” (PDF-Link) .  Damit bleiben die Kosten wieder an den Wissenschaftlern hängen. Solange der Zugang zu den wenigen unbefristeten Stellen über Verlagsmarken gefiltert wird, gibt es greifbare Vorteile für Bewerber mit familiären Reserven. Wer springt ein, wenn das Stipendium nicht ausreicht? Ob es sich lohnt, sich für eine Veröffentlichung zu verschulden?

Dissertation veröffentlichen, Plan B: Open Access und Print-on-Demand

Wer eine Dissertation veröffentlichen möchte, braucht entweder genug Geld oder ausreichend Zeit. Auch mit einem möglichen Druckkostenzuschuss-Stipendium stand ich vor einer erheblichen Finanzierungslücke. Die bekannten Wissenschaftsverlage kamen also nicht in Frage. Durch meinen Kontakt mit einem Berliner Startups lernte ich eine weitere Möglichkeit kennen: Die Arbeit ließ sich auch ohne Druckkosten publizieren. Aus einer Anfrage bei der Berliner Self-Publishing-Plattform epubli ergab sich schnell ein Jobangebot, seit Januar 2013 entwickle ich dort den Bereich Wissenschaft. Eine Veröffentlichung im „Selbstverlag“ erschien mir nun auch beruflich interessant: Statt den teuren Glamour eines Wissenschaftsverlags einzukaufen, könnte ich selbständig meine Dissertation veröffentlichen und auf diese Weise Publikationserfahrungen sammeln. Im Self-Publishing kostet die Veröffentlichung lediglich eine Vertriebsgebühr von 14,95 €, die Bücher wurden erst bei einer Bestellung gedruckt und die Produktionskosten über den Verkaufspreis finanziert.

Schnell merkte ich, dass eine Veröffentlichung im Selbstverlag mit einigem Aufwand verbunden ist wenn man die komplette Vorbereitung selbst übernimmt. Meine Experimente bei der Umschlaggestaltung führten schnell zu der Entscheidung, zumindest diesen Schritt an einen Profi abzugeben. Freundlicherweise übernahm der Grafiker Marcel Fenske-Pogrzeba die Gestaltung, nach einigen Entwürfen entstand ein ansprechendes Cover. Das Layout für den Inhalt gestaltete ich mit Microsoft Word, dazu gab es gute Tips von dem Typografen Viktor Nübel. Die schönen Layout-Vorlagen des KIT habe ich leider zu spät entdeckt, bei einer erneuten Veröffentlichung würde ich diese Vorlagen nutzen. Bei der Open-Access-Veröffentlichung entschied ich mich für eine Creative-Commons-Lizenz mit einem nichtkommerziellen Lizenzmodul (CC-BY-NC-SA). Dies stellte sich später als ungünstig heraus, Dateien mit einer NC-Lizenz können leider auf den meisten Seiten nicht angeboten werden. Für eine Änderung auf dem Dissertationsserver war es zu spät, auf meiner eigenen Seite habe ich die Dissertation daher mit einer Lizenz eingestellt, mit der man die Datei besser teilen kann (CC-BY-SA). Dazu genügte es, den Lizenzhinweis im Impressum folgendermaßen zu ändern:

Impressum_CC-BY

Sinnvolle Investition: Korrektorat

Ein erster Probedruck der Dissertation sah angenehm hochwertig aus, übrig blieb noch das Korrektorat. Mit dem Berufseinstieg in der Berliner Startup-Welt war ich bereits ausreichend beschäftigt, also holte ich ein Angebot für ein externes Korrektorat ein:

Ein professionelles Korrektorat lohnt sich, passende Angebote findet man bei zahlreichen Buchprofi-Freelancern.

Die Kosten für Korrektorat und Dissertation veröffentlichen wurden mit 1.325,66 € geschätzt – deutlich weniger als bei den beiden Wissenschaftsverlagen, der Betrag war für mich allerdings noch immer zu hoch. In den folgenden Wochen korrigierte ich die Druckfassung meiner Arbeit daher selber. Zwar war ich in den ersten Monaten als Quereinsteiger sehr beschäftigt mit den ersten Projekten, aber es gab ja noch etwas Zeit nach Feierabend und am Wochenende. Unbedingt wollte ich innerhalb des nächsten Monats meine Dissertation veröffentlichen, die Zeit nach Feierabend wurde einfach zu knapp. Von diesem 100%-Do-it-yourself-Verfahren zum Dissertation veröffentlichen kann ich nur abraten: Das Korrektorat von längeren Texten ist ein empfindlicher Punkt bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen, besonders in einer geisteswissenschaftlichen Fakultät. Bei der eigenen Dissertation sieht man die Sätze oft noch so vor Augen, wie man sie formuliert hatte, vor allem nach einem langen Arbeitstag. Nach 23 Uhr sollte man generell keine Korrekturen mehr vornehmen, mit zunehmender Müdigkeit nimmt die Genauigkeit ab. Empfehlen kann ich zudem die Anschaffung einer externen Tastatur, bei der sämtliche Tasten einwandfrei funktionieren. Zwischendurch streikte meine Laptop-Festplatte, zum Glück konnte ich das Problem selbst beheben:

Wichtig: Die Dissertation regelmäßig sichern, z.b. auf einer externen Festplatte oder bei Cloud-Diensten wie SpiderOak (und keinesfalls eine Zange verwenden).

Nach wenigen Wochen war das Manuskript fertig, nun konnte ich endlich die Dissertation veröffentlichen. Einige Fehler waren mir in der Eile zwar entgangen, dank der kurzen Kündigungsfrist (5 Tage) ließ sich das Buch bei Bedarf jederzeit neu publizieren. Wegen der wachsenden Anforderungen im Job wurde es für mich höchste Zeit, dass dieses Buchprojekt endlich vom Schreibtisch verschwand und ich die Dissertation veröffentlichen konnte. Nun ging alles sehr schnell: Ich stellte das Buch auf der Selfpublishing-Plattform ein, bestellte die geforderten Print-Exemplare für das Prüfungsamt und konnte die Dissertation auf dem Server der Universitätsbibliothek Göttingen zugänglich machen. Ich bestellte lediglich zwei Autorenexemplare; eines für mich und eines für meine Eltern. Diese Anzahl war tatsächlich mehr als ausreichend, Autorenexemplare ließen sich jederzeit nachdrucken. Innerhalb weniger Minuten erschien das Buch im Online-Shop, am nächsten Tag war es auch bei Amazon und im Buchhandel bestellbar.

Rezensionen und Online-Sichtbarkeit

Mit der Veröffentlichung konnte ich nun den Doktortitel verwenden, viel wichtiger erschien mir aber, dass die Arbeit im Fach sichtbar wurde. Autoren, die ihre Dissertationen in einem Verlag veröffentlichen, können zumindest eine Erwähnung in der Verlagsvorschau erwarten. Da meine Arbeit im Internet und auf einer Self-Publishing-Plattform erschien, konnte ich mich selbst an die Vertreter der Universitätsbibliothek, an Fachzeitschriften und andere Rezensionsorgane wenden. Dazu investierte ich noch einen weiteren Samstagvormittag. Um keine Rezensionsexemplare umsonst zu verschicken, wandte ich mich zuerst an die Fachreferenten. Erst bei einer positiven Rückmeldung schickte ich dann ein Exemplar meiner Dissertation an die Zeitschrift. Insgesamt versandte ich vier Exemplare. Daraus ergab sich bereits eine erste Rezension. In dem germanistischen Rezensionsportal „IASL Online“ erschien fast zwei Jahre später eine ausführliche Besprechung über 22 Absätze. Das Verdikt einer „beinahe unzumutbaren Dichte an Rechtschreib- und Tippfehlern sowie zahlreiche formale Unstimmigkeiten“ erscheint mir angesichts der Entstehungsbedingungen zwar überraschend hart formuliert, demgegenüber wird meine Methode aber als brauchbare Heutistik hervorgehoben. Ich habe den Autor bereits kontaktiert und angeboten, mit seinen Korrekturen eine neue Version zu veröffentlichen – im Print-on-Demand ist dies zum Glück innerhalb weniger Minuten möglich. Abgesehen von diesem ungünstigen Absatz freue ich mich über die positive Besprechung. Mit der Rezension in einer Fachzeitschrift wird es für andere Forscher einfacher, die Arbeit zu finden. Für alle Fälle habe ich noch einen kurzen Wikipedia-Artikel zu meinem Thema angelegt und das PDF der Arbeit auf meiner Webseite zur Verfügung gestellt.

Gewinne: VG-Wort und Verkäufe

Eine weitere angenehme Überraschung gab es von der VG Wort. Veröffentlicht man seine Dissertation in einem Verlag, ist die Verbreitung in wissenschaftlichen Bibliotheken in der Regel gesichert. Um die volle Ausschüttung der VG Wort zu erhalten, sollte die Arbeit in mindestens fünf Bibliotheken in zwei unterschiedlichen Bibliotheksverbänden verfügbar sein. Hierbei zählen nur Bestellungen der Bibliotheken, Geschenkexemplare werden von der VG Wort nicht berücksichtigt. Ich kontaktierte einige Fachreferenten per Email und machte sie auf meine Dissertation aufmerksam. Gleichzeitig hatten Freunde über Facebook von meiner Veröffentlichung gehört und bestellten die Dissertation in ihrer Universitätsbibliothek.

Dank der guten Verbreitung fand sich die Dissertation in genügend Einrichtungen, um die volle Ausschüttung zu gewährleisten. Von der VG Wort erhielt ich eine Auszahlung in Höhe von 880,19 € und erzielte bisher knapp zwanzig Verkäufe meiner Dissertation.

Mit dieser Veröffentlichung habe ich bisher insgesamt weniger als 900 € verdient. Angesichts der langen Schreibphase ist das zwar eine minimale Vergütung, im Vergleich mit den anderen Angeboten ist die kleine Anerkennung aber sehr willkommen. Vor allem freue ich mich, dass die Ergebnisse der Dissertation nun im Open Access für alle verfügbar sind und das die Arbeit auch gelesen wird.

 

Checkliste: Was ist beim Veröffentlichen der Dissertation zu beachten?

    • Fragen vorab
      • Wie wichtig ist mir die Reputation eines Verlages?
      • Soll die Arbeit zusätzlich im Open Access erscheinen?
      • Welche Creative-Commons-Lizenz kommt für mich in Frage?
      • Welche finanziellen Mittel kann/möchte ich einsetzen?
      • Welche Dienstleistungen möchte ich einkaufen?
    • Veröffentlichung in einem Verlag
      • Wie schätzen Kollegen die Reputation des Verlages ein?
      • Welche Stipendien für einen Druckkostenzuschuss kommen in Frage? Mit welchen Bewerbungsfristen muss ich hier rechnen?
      • Welche Verwertungsrechte gebe ich ab
        (exklusives vs. nichtexklusives Verwertungsrecht)?
      • Ist eine Zweitverwertung im Internet möglich?
      • Erscheint das Buch in der Google-Buchsuche?
      • Welche Leistungen übernimmt der Verlag?
        • Korrektorat (ggf. Lektorat)?
        • Druck und Lagerung (ggf. begrenzt)?
        • Vertrieb?
        • Marketing?
        • PR?
    • Self-Publishing
      • Wie lange ist die Kündigungsfrist des Anbieters?
      • Wie gut ist die Druckqualität?
        (ggf. Kontakt aufnehmen und einen Probedruck anfordern)
      • Ist eine parallele Open-Access-Veröffentlichung möglich?
      • Über welche Vertriebskanäle ist die Arbeit verfügbar?
      • Wo finde ich Unterstützung für die folgenden Dienstleistungen:
        • Korrektorat (ggf. Lektorat)
        • Covergestaltung (ca. 50-200 €)
        • Layout (ca. 150-500 €)
        • Webseite zum Buch (nach Bedarf)
    • Bibliotheksbestellungen und Rezensionen
      • Welche Zeitschriften gibt es in meinem Fach?
      • Möchte ich Fachreferenten in Bibliotheken direkt anschreiben?
      • Welche bestehenden Kontakte kann ich auf die Arbeit hinweisen?
      • Wieviel Rezensionsexemplare werden benötigt?

Ob Wissenschaftsverlag oder Self-Publishing, wer seine Dissertation veröffentlichen möchte, investiert entweder Geld oder Zeit, um die Veröffentlichung selbst zu gestalten. Die meisten Arbeitsschritte lassen sich zum Glück auslagern. In jedem Fall lohnt es sich, beim Korrektorat nicht zu sparen, Zeitschriften direkt anzuschreiben und eine Creative Commons-Lizenz zu wählen, mit der eine freie Nachnutzung möglich ist. Viel Erfolg!